Mit einer Startfinanzierung aus dem Hightech-Gründerfonds haben es viele Jungunternehmer geschafft – aber auf Kosten und mit dem Risiko von Privatanlegern. Wagniskapital für Gründer bleibt Mangelware. Die Imitation von Jeff Bezos oder Mark Zuckerberg mit ihren Geschäftsideen ist nicht die Perspektive. Jungunternehmern gelingt mit einer Startfinanzierung aus dem Bonner Hightech-Gründerfonds (HTGF) der Aufstieg in die Millionärsriege – wenn das Geschäftsmodell stimmt! „Bis Ende 2016 gab es 43 echte und 108 Papiermillionäre“, sagt von Frankenberg. Die einen haben ihre Unternehmen erfolgreich versilbert, die anderen kommen auf siebenstellige Bewertungen für ihre Beteiligungen. Für den HTGF und die Geldgeber, die nach der Startphase das Wachstum mitfinanziert haben, hat die Erntezeit begonnen.
Der Leser sollte realistisch sein: Wunder gibt es immer wieder – aber weniger als erhofft!
Seit 2005 hilft der auch staatlich finanzierte Fonds jungen Unternehmen bei ihren ersten Schritten. Geschäftspläne wurden begutachtet – etwa 460 Start-ups zur Anschubfinanzierung ausgewählt. Nicht immer läuft es geradeaus. Trotz der Vorprüfungen und Begleitung der Start-ups floppt ein großer Teil. Diese sind vom Markt verschwunden. Andere haben dem HTGF ein Vielfaches seines Einsatzes „zurückgebracht“. Einer dieser Leuchttürme war die von Vodafone übernommene RadioOpt, ein in Dresden ansässiger Spezialist für Netzwerkanalysen. Der Rücklauf lag bei dem Sechsfachen des Investments. Als Beispiel kann die Münchener Magazino fungieren, deren Anteile von Siemens übernommen worden sind und dem HTGF zu einem guten Schnitt verholfen haben.
Die Sicherheit der Privatinvestoren besteht in der Zahl der Investitionen. Fast 70 seiner „Ziehkinder“ hat der HTGF an andere Eigentümer übergeben. Viele waren aus dem ersten, im Jahr 2005 aufgelegten Fonds finanziert worden. Den investierten 248 Millionen Euro stehen Anfang 2017 Rückflüsse von 84 Millionen Euro gegenüber. Die beiden Geschäftsführer sind zuversichtlich. Der HTGF I wird nicht mit Verlust abschließen – meinen die Herren. Bei vielen Unternehmen ist der richtige Zeitpunkt für einen Exit noch nicht gekommen. Aus dem ersten Fonds sind noch 100 Unternehmen im Portfolio.
Große Erwartungen werden mit den Next Kraftwerken, einem Kölner Unternehmen mit etwa 110 Mitarbeitern verbunden. Dieses vermarktet Energie aus Ökostrom-Anlagen an der Börse. Der Jahresumsatz liegt bei 300 Millionen Euro.
Privatinvestoren sind nicht zwingend von Anfang an betroffen. Die erste Phase der Startup -Finanzierung wurde vom Bundeshaushalt und der Förderbank KfW übernommen. Bis zu 600 000 Euro Startkapital gibt es in der „Seedphase“, weitere 1,4 Millionen darf der HTGF einem Unternehmen bisher für Anschlussfinanzierungen bereitstellen. Weil das selten ausreicht, werden für die Wachstumsinvestitionen weitere Geldgeber benötigt. In 2016 hat der Fonds die Rekordsumme von mehr als 350 Millionen Euro von Dritten eingeworben, mehr als doppelt so viel wie 2015. Stark gestiegen ist das Engagement vermögender Privatpersonen.
Diese sind früher Unternehmer oder langjährige Geschäftsführer gewesen. Sie stehen den Jungunternehmen als Business Angels mit Rat und Tat zur Seite. Ausländische Wagniskapitalfonds (Venture Capital, VC), haben ihre vermuteten Chancen entdeckt. Sie haben ihren Einsatz in 2016 mehr als verdoppelt. Deutsches Wagniskapital bleibt trotz der Niedrigzinsphase Mangelware. Beleben könnte sich das Angebot durch steuerliche Regeln für die Nutzung der Verlustvorträge von Start-ups. Der von der KfW erhobene Index für das Geschäftsklima wird unterstützt. Der ist nötig. Gemessen an der Wirtschaftskraft sei der VC-Markt in den Vereinigten Staaten so groß, so dass Deutschland positive Impulse brauchen könnte. Bisher sind keine durchgreifenden Fallstricke zu erkennen. Investoren sollten ihre Investition in diesen Fonds als grau ansehen, aber hell beleuchten.
Der HTGF arbeitet mit modifiziertem Finanzierungskonzepten mit dem 2011 aufgelegten zweiten Fonds. Er umfasst 300 Millionen Euro; 44 Millionen Euro hat die private Wirtschaft investiert. Beteiligt sind 18 Unternehmen wie BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Post, Telekom, Evonik und RWE Innogy. Die Konstruktion hat Nachteile: Wegen des Übergewichts des Staates gelten EU-Beihilfevorschriften, welche die Finanzierungsmöglichkeiten einengen. Der Ende 2017 aufzulegende dritte Fonds hat ein Zielvolumen von 300 Millionen Euro. Für diesen wird ein Unternehmensanteil von 30 Prozent angestrebt. Nach den Maßstäben des Beihilferechts sind größere Freiheiten möglich.
Das Finanzierungslimit kann auf bis zu 3 Millionen Euro je Start-up angehoben werden. Auch in ältere Unternehmen kann investiert werden. Die erweiterten Vergabemöglichkeiten zielen auf kapitalintensive Vorhaben in der Chemie, der Umwelt und dem Maschinenbau ab. Vieler solcher Unternehmen klopfen nicht an, wenn die Finanzierungsmöglichkeiten des HTGF für sie nicht ausreichen. Mit einem Anteil von rund 40 Prozent stehen geförderte Unternehmen mit Software-Entwicklung im Vordergrund.
In der Wirtschaft besteht Interesse an dem neuen Fonds. Zusagen von 60 Millionen Euro seien absehbar. Klassische Mittelständler wollen im Durchschnitt etwa 3 Millionen Euro einbringen. Diese Privatinvestoren sind am Markt meist unerfahren und haben bisher in heute negativ besetzte Geldkonten investiert. Um den Fonds in der Wirtschaft zu vernetzen, sollen bis zu 30 Unternehmen beteiligt werden. Mit dieser strategischen Investition bekommen Investoren direkten Zugang und frühe Einblicke in Hightech-Start-ups, die ihre eigenen Innovationen voranbringen könnten. Es gibt Geldgeber, die in dieser Wachstumsphase mit größeren Beträgen einsteigen. Aktiver Investor ist Innogy mit ihren Beteiligungen an Ökostrom-Start-ups. Beispiele sind das Prognoseunternehmen Enercast und Kiwigrid, letzterer Betreiber von Plattformen für das Energiemanagement. Erwartungen werden mit Heliatek verbunden. Das Start-up hat Folien für die Erzeugung von Sonnenstrom entwickelt. Es baut eine Fabrik in Dresden. Dafür hatte das junge Unternehmen bei der jüngsten Finanzierungsrunde unter Führung von Innogy insgesamt 80 Millionen Euro eingesammelt. Privatanleger sollten durch frühes Engagement den Markt als spannende Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien ansehen. Risiken sollten dennoch beachtet werden. Zweckgebundenes Kapital mit zeitlichem Zielbedarf sollte hier trotz der Perspektiven nicht angelegt werden.